Am 3. September eröffnet der Contemporary Art Club seine Ausstellungsserie im Theseus-Tempel, eine Kooperation mit dem Kunsthistorischen Museum Wien, zu dessen Bestand das neue renovierte Gebäude im Volksgarten gehört.
3.9.2011 18.00 Uhr
Theseustempel Volksgarten 1010 Wien
Zur Eröffnung spricht Dr. Veit Loers
Der CAC begreift die Situation und Geschichte des klassizistischen Bauwerks als Herausforderung und Chance für Ausstellungen, die von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler gestaltet werden. Verschiedene Künstlerinnen und Künstler werden in den nächsten Monaten vier Ausstellungen in dieser Situation entwickeln; Andy Hope 1930 eröffnet die Serie.
In Kooperation mit dem Kunsthistorischen Museum Wien eröffnet der Contemporary Art Club seine Ausstellungsserie im Theseus-Tempel am 3. September 2011 mit einer Installation von Andy Hope 1930: "Detour - Landscape in Progress II". Der Künstler aus Berlin wird das Baudenkmal im Volksgarten 14 Tage lang wie sein Atelier nutzen, um sich direkt vor Ort mit den Gegebenheiten der außergewöhnlichen Situation auseinanderzusetzen, und das Ergebnis am 3. September präsentieren.
Der CAC hat Andy Hope nach Wien eingeladen, weil er in besonderer Weise die Zeit zum Stoff und Thema seiner Kunst gemacht hat. "Zeit" ist in seinem Werk als historischer Faktor präsent, deutlich sichtbar, wo er sich auf die abstrakte Moderne bezieht, die radikalen Erfindungen des russischen Konstruktivismus, die Hope weiterführt, umformt oder entwendet. "Zeit" wird aber auch als fiktionales oder mediales Zeichen eingeführt, mit vorgeschichtlichen Wesen wie Dinosauriern oder Maschinen aus der Zukunft, jenen Raumschiffen beispielsweise, die er aus "Baumstämmen“ hat herstellen lassen. Und schließlich ist "Zeit“ als Grundlage des Werts in der Kunst von Andy Hope wirksam: viele seiner Werke unterlaufen demonstrativ den Kunstcharakter und erscheinen wie Flohmarktfundstücke oder wie Objekte, die den Boden der aktuellen Wert-Schätzung verlassen.
Andy Hope hat in den letzten 15 Jahren eine umfangreiche Serie von Ausstellungen gezeigt, ob nun in Institutionen, Sammlungen oder Galerien, die jede für sich eine ungewöhnliche Prägnanz und Einmaligkeit demonstrierte. Er nimmt die räumlichen Gegebenheiten nicht einfach als einen Hintergrund, der seinen Exponaten lediglich als stummer Träger dienen soll; vielmehr entwickelt er jede Ausstellung in genauer Abstimmung mit der Situation, mit den architektonischen und symbolischen Vorgaben – auch deshalb hat der CAC den Künstler aus Berlin gebeten, einen Beitrag für den Tempel in Wien zu entwickeln. "Landscape in Progress II“ geht zurück auf eine Ausstellung, die 1998 in München in einem niedrigen Kellerraum gezeigt wurde: "Londußdorf konkret – Landscape in Progress“. Als eine seiner ersten Rauminstallationen eröffnete die "Landschaft in Entwicklung“ ihm damals das Spektrum, in dem er seinen Umgang mit dem Medium der Ausstellung situieren wollte: eine Aneignung mit leichten Mitteln, schnell und direkt, scharf und konkret, Mittel, die sich in Form und Inhalt als ebenso präzise und unberechenbar erweisen wie die historischen Manifestationen seiner Vorbilder Malevich und Rodchenko; ihnen war es zwischen 1915 und 1920 gelungen, die Moderne im Moment ihres Aufbruchs noch einmal herauszufordern. Mehrfach schon untersuchte Andy Hope in den letzten 5 Jahren, also unter den Bedingungen seines Erfolgs in Institutionen und Galerien, wie er seine Mittel frei von ihrer einfachen Anerkennung als Kunst unter Spannung halten kann. Daher wählte er für den Theseus-Tempel die "Sprache aus dem niedrigen Keller“ – er wird das Potential seiner ersten, leichten Entwürfe auf der exponierten Position eines hohen Sakralraums erneut auf die Probe stellen.
Der CAC ist außerordentlich erfreut über die Zusage von Andy Hope 1930, die Ausstellungsserie im Theseus-Tempel zu eröffnen, da wir zuversichtlich sein können, dass sein Beitrag in besonderer Weise die Möglichkeiten eines klassischen Tempels als Schauplatz für zeitgenössische Kunst zeigen wird.
Andy Hope 1930 begann in München in den 90er Jahren mit seinen ersten Ausstellungen, studierte dort an der Akademie und schloss sein Studium 1998 am Chelsea College of Art and Design in London ab. Seit 2000 lebt er in Berlin. Im Januar 2005 war er im Lenbachhaus mit seiner ersten großen institutionellen Einzelausstellung zu sehen. In Berlin, München, New York, London und Zürich wird er regelmäßig von Galerien gezeigt. Seine Werke sind weltweit in bedeutenden Sammlungen vertreten. Die Sammlung Goetz (München) richtete ihm 2010 in ihren Räumen eine Einzelausstellung ein, die Sammlung Charles Riva im gleichen Jahr in Brüssel. Im Frühjahr 2011 hatte er seine erste Einzelausstellung in Spanien, im CAC Malaga. Zahlreiche Publikationen sind in den letzten Jahren erschienen, in Zusammenarbeit mit Steidl, dem Verlag der Buchhandlung König und der Edition Silverbridge. Im Frühjahr 2012 wird er mit einer Einzelausstellung in der Kestnergesellschaft Hannover zu sehen sein. In Österreich war er bislang in Graz, Innsbruck und Salzburg zu sehen.
Der CAC wird den Theseustempel im Volksgarten als Schauplatz für ein Ausstellungsprogramm nutzen, das den zeitgenössischen künstlerischen Umgang mit einer exponierten Situation im öffentlichen Raum exemplarisch zur Diskussion stellt, gestützt auf die Mitwirkung bzw. Herausforderung privater Sammler, deren Verhältnis zu öffentlichen Sammlungen sich im letzten Jahrzehnt spürbar gewandelt hat. Das Programm wird insofern auf einem vielschichtigen Konfliktfeld stattfinden, das immer noch in Bewegung ist. Wir beachten und betonen in der Situation um den Tempel vor allem die Spannungen und Veränderungen im Verhältnis zwischen:
Der Theseustempel vereint also eine Reihe ganz unterschiedlicher Faktoren, die seiner Nutzung deutliche Grenzen setzen. Diese schwierigen Bedingungen müssen in der Praxis stets berücksichtigt werden; nur dann kann das alte Bauwerk ein aktuelles Programm aufnehmen, nur dann kann es den Projekten dienen, wird aus der Schwierigkeit eine Möglichkeit oder sogar Chance.
Betrachten wir zunächst die "Lage“ im gesellschaftlichen Kontext. Der Tempel befindet sich an einem prominenten Ort in der Stadt und ist dort deutlich abgesetzt von den Bereichen, die mit zeitgenössischer Kunst heute in Wien assoziiert werden (wie etwa das Museumsquartier oder die Straßen, in denen derzeit Galerien ansässig sind); daher können vom Tempel aus eigene und neue Impulse im etablierten Geschehen gesetzt werden. Die exponierte Situation bietet allerdings nicht nur Unabhängigkeit (von den bekannten Schauplätzen in Wien); sie fordert im Gegenzug eine besondere Auseinandersetzung mit den spezifischen Gegebenheiten dieser Plattform. Die Partnerschaft mit einem so bedeutenden Museum wie dem KHM garantiert dieser Seite unserer Interventionen ein solides Fundament, wobei die Voraussetzungen für ein unabhängiges Experiment mit dem traditionellen Bau gleichzeitig sehr günstig sind: es besteht hinreichend Distanz zu dem gewichtigen Träger und den gesicherten Werten, die ein Museum – und vor allem ein Museum großer, alter Kunst – repräsentiert: räumlich ohnehin, da der Tempel "außerhalb“ des KHM situiert ist, und inhaltlich, weil zeitgenössische Kunst bislang nur ausnahmsweise zu den Themen des Museums gehörte. Daher kann der Tempel neben dem anerkannten Haus eine gewisse Eigenständigkeit entwickeln, kann seine räumliche und inhaltliche Distanz wahren, hat den Freiraum, den ein experimenteller Umgang mit dem klassischen Rahmen braucht, mit der Herausforderung, die der klassische Rahmen stellt. Besonders förderlich wirkt sich außerdem der Umstand aus, dass an diesem Ort lange Zeit keine prägnanten Ausstellungen stattgefunden haben: der Tempel ist als ein Raum für Kunst unbelastet und neutral; er ist ein unbeschriebenes Blatt. Natürlich muss – in Sichtweite des KHM – die internationale Bedeutung des künstlerischen Programms garantiert sein. Unsere Auswahl der beteiligten Künstlerinnen, Künstler und Unterstützer kann neben dem internationalen Ansehen der alten Sammlung bestehen; sie hat ihr eigenes Gewicht und kann auch in dieser Hinsicht die notwendige Unabhängigkeit und Eigenständigkeit bewahren. Das größte Problem für eine Wiederbelebung und Aktualisierung des klassischen Bauwerks stellt zunächst die Architektur: nach außen ein imposantes Signal, nach innen ein kleiner Raum. Diese Situation verlangt nach Fähigkeiten, wie sie in der zeitgenössischen Kunst im besonderen Maße vorliegen. Dort gibt es die notwendige Erfahrung, dort gibt es das Wissen darüber, wie ein Werk (oder eine Werkgruppe) gestaltet sein muss, damit es in relativ beengten räumlichen Möglichkeiten genügend Kraft und Konzentration gewinnt, um über die Grenze der kleinen Einheit hinaus wirksam zu sein. Dennoch muss sich jedes aktuelle Programm in diesem Rahmen auch auf die historischen Gegebenheiten und die Nähe zu KHM einstellen.Das KHM verfügt über einen einzigartigen Bestand an Gemälden und gehört in diesem Bereich zu den weltweit führenden Institutionen. Es verdankt den Reichtum seiner Sammlung in erster Linie dem Habsburger Herrscherhaus, ein Erbe, das sich nunmehr im Besitz einer demokratisch verfassten Gesellschaft befindet. In diesem Zusammenhang nimmt der Theseustempel nicht nur einen besonderen oder sogar außergewöhnlichen Platz ein, weil er etwas abseits und außerhalb des Hauptgebäudes steht. Auch die Entstehungsgeschichte des Tempels ist ungewöhnlich und muss im Moment einer Wiederbelebung bedacht werden; sie wird den Künstlern als die konkrete Bedingung ihrer Intervention in der Stadt vorliegen.
Das klassizistische Bauwerk ist das Ergebnis einer komplexen, konfliktreichen und wechselvollen Geschichte. Es entstand auf einem "beweglichen Grund", der zwar schon lange zur Ruhe gekommen ist. Dennoch sind die Verwerfungen und Bruchlinien seiner Geschichte im Gelände, im Bauwerk und in der städtischen Situation immer noch zu spüren; es ist ein auffälliges Zeichen auf einer ungewöhnlichen Position. Zu diesen besonderen Voraussetzungen zählt im übrigen die Tatsache, dass die Skulptur, für deren Präsentation der Tempel vor knapp 200 Jahren errichtet wurde, seinerzeit ein ganz neues, ein zeitgenössisches Werk war (in der Sammlung des Kunsthistorischen Museums ist es immer noch eines der jüngsten). Ein aktuelles Kunstwerk zu beherbergen war also für den Innenraum des Tempels die einzige und ursprüngliche Funktion: Er sollte den Theseus im Kampf mit dem Kentauren von Antonio Canova in Wien zeigen. Die Marmorskulptur des italienischen Bildhauers betreibt in ihrem nahezu puren Weiß eine Idealisierung der Antike, wie sie seinerzeit nicht nur dem Klassizismus sondern vor allem dem künstlerischen Ideal der französischen Revolution entsprach. Napoleon hatte diese Skulptur schon 1805 bei Canova in Auftrag gegeben und zwar, um seinem Sieg über das Ancien Régime in Mailand ein Denkmal zu setzen; das war in Norditalien zu der Zeit in erster Linie ein Sieg über die Macht des österreichischen Herrscherhauses. Als Kaiser Franz I. 1819 – also einige Jahre nach dem Zusammenbruch des napoleonischen Imperiums – seinerseits den Künstler in Italien aufsuchte, stand die Skulptur immer noch im Atelier. Der österreichische Kaiser übernahm den ungenutzten Auftrag des Besiegten und ließ die Marmorgruppe nach Wien bringen, um mit dem "Beutestück“ im Zentrum seiner Macht einen Triumph zu feiern, der die ursprüngliche Bedeutung auf den Kopf stellt: der Theseus war in seiner unwirklich makellosen Haut nun als ein Monument des Sieges zu lesen, den das Haus Habsburg über das napoleonische Ungeheuer errungen hatte.Nicht nur die Umwertung der Skulptur, auch die Position des Tempels selbst war unmittelbar verbunden mit den tiefen Erschütterungen, die Europa im Zuge der französischen Revolution erfassten, und wieder stand eine herrschaftliche Geste Napoleons am Anfang der Geschichte, eine Machtdemonstration, die nach Waterloo immer noch das Stadtbild Wiens prägte und ebenfalls umgewertet werden musste: Der französische Feldherr hatte die Stadt 1809 ein zweites Mal eingenommen und dann – um seinem militärischen Erfolg ein dauerhaftes "Zeichen" zu setzen und eine handfeste Garantie zu verschaffen – eine große Bresche in die alten Festungsanlagen sprengen lassen. Zwischen 1819 und 1923 entstanden an der freigesprengten Stelle der Volksgarten und jener Nachbau des Theseion, dessen Original (oder genauer: Modell, denn der Architekt nahm einige Veränderungen vor) in Athen zu finden ist, konzipiert als idealer Rahmen für Canovas Werk.
Die Skulpturengruppe war im Theseustempel bis 1890 ausgestellt und kam dann ins Stiegenhaus des Kunsthistorischen Museums, wo sie sich immer noch befindet. In der Folge erlebte das Bauwerk ganz unterschiedliche Nutzungsformen; sie reichten von der Präsentation antiker Funde bis zu kleinen Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst. Während das Äußere des Tempels in die fernste Vergangenheit weist, erzählt seine Positionierung von den letzten Niederlagen und Siegen des Feudalismus oder vom Schatten der Vergänglichkeit, dem die Machthaber der Geschichte im Marmor der Kunst entgehen wollten; auch der Herr, den Hegel die "Weltseele zu Pferde" nannte, blieb davon nicht verschont. Gleichzeitig steht das markante architektonische Zeichen am Anfang der großen urbanen Eingriffe, die den Aufstieg des Bürgertums im 19. Jahrhundert begleiten und die bürgerliche Aneignung der Metropolen Europas kennzeichnen: die Schleifung der alten Festigungsanlagen und Stadtmauern. Und schließlich mag der Tempel sogar als ein Wahrzeichen für den Verfall (der Anerkennung) gelesen werden, den repräsentative Bauwerke alter Macht in der 2. Hälfe des 20. Jahrhunderts erlebten – bis die Postmoderne sich der Bedeutung dieser Zeichen annahm.Der Theseustempel stellt einer Nutzung für aktuelle Kunst ungewöhnliche oder sogar extreme Bedingungen. Dem modernen Betrachter muss das Bauwerk wie ein veraltetes Lehrbeispiel traditionalistischer Architektur erscheinen, wie ein Schaubild für eine Ästhetik, Technik und Raumorganisation, die in der Gegenwart jeden Sinn verloren hat. Und mehr noch: Perfekt könnte es das Verschwinden des Sakralen symbolisieren, das der französische Philosoph Jean-Luc Nancy als eine der entscheidenden Voraussetzungen der Gegenwart und die neue Funktion oder Herausforderung der Kunst beschreibt. Insofern droht ein Programm, das dieses Zeichen wieder mit Kunst in Verbindung bringen will, ein Ding der Unmöglichkeit zu werden. Wer immer das klischeehafte Bild sucht, die beliebte polemische Zuspitzung, die der Journalismus zur Abwehr von Kunst braucht, hier hätte er Wort und Sache vor Augen: den Kunsttempel, ohne Funktion freigestellt in einem städtischen Park, aufwendig dekoriert und stilisiert, eine optische Täuschung der Zeit, ein Déjà Vu im Raum oder die real gewordene Vorstellung einer Vergangenheit, zu der es keinen Zugang mehr gibt: Widerschein einer Verehrung, die vom verlorenen kultischen Rahmen lediglich die Ahnung großer Bedeutung auf sich zieht. Die jüngsten Auswirkungen würden wir heute in Las Vegas finden.
Der rohe Innenraum dieses Wahrzeichens des Historismus vollendet die irreale Bildhaftigkeit des Äußeren durch ein materialgerechtes Pendant: ein einzelner leerer Raum, den eine streng symmetrische Ordnung bis fast zur Abstraktion oder puren Modellhaftigkeit entrückt, ein schlichter Kubus, nüchtern, massiv, ausgegrenzt und erhaben wie eine Grabkammer. Die moderne Erfindung des White Cube trifft an dieser Stelle auf ihren verdrängten Entwurf: eine überraschende Begegnung, eine Herausforderung, die allen Beteiligten – Künstlern, Sammlern und Organisatoren – jedoch auch die Möglichkeit eröffnet, die Grundlagen der aktuellen Bedingungen und Gewohnheiten zu überdenken, die Selbstverständlichkeiten und das Selbstverständnis, das der White Cube im Umgang mit der Kunst fördert.Der Theseustempel bietet die seltene Gelegenheit, einen Raum zu bespielen, der zu einem bedeutenden Museum gehört und dennoch "außerhalb“ seines Rahmens liegt (was dies für das Museum bedeuten kann, haben wir eingangs schon angedeutet; dazu weiter unten ausführlicher). Für Künstler und private Sammlungen ist ein Museum nicht irgendein Haus, nicht irgendeine Bedingung unter vielen. Noch immer nehmen diese institutionell besonders etablierten und traditionsreichen Säle einen herausragenden Platz im Denken ein. Sammler kennen das Museum vielleicht nur als Vorbild, Konkurrenzunternehmen oder abschreckendes Beispiel. Künstlerinnen und Künstler könnten die Wirkung wohl noch tiefer gehend beschreiben: von der Konzeption und Entstehung über die Aufbereitung für den Verkauf bis hin zur konservatorisch oder historisch korrekten Lagerung im Archiv lässt sich die Einflussnahme der alten Institution nachweisen, die Aussicht auf einen Platz im Pantheon der Kunst. Die Macht dieser "Adelung" wird von Künstlern – und von der Kritik – ganz unterschiedlich behandelt: sie wird bestätigt, ersehnt, übertrieben, kritisiert, sabotiert oder dämonisiert. Für manche bleibt sie die einzige Hoffnung, ihre Zeit zu überleben, ihrem Erfolg oder Misserfolg zu entkommen. Und was einige Künstler als schönen Wunschtraum hegen oder als das Fundament ihres Schaffens, als ihr eigentliches Wirkungsfeld, ansehen, das nehmen andere als die endgültige Aufhebung ihres Anliegens wahr: die heiligen Hallen als letzte Ruhestätte eines Strebens, das gegen eine Musealisierung gerichtet war. Insofern wird die Partnerschaft mit dem KHM zu einem Glücksfall. Sie gibt dem Tempel eine Dimension und Spannung, die all diese Faktoren – Museum oder Mausoleum, verborgene Wirkung oder eindeutige Lesart, schon lange überwundene Illusion oder immer noch wirksame Versuchung – nicht nur eine erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken erlaubt; sie können hier auch direkt thematisiert werden.
In den beiden letzten Jahrzehnten hat die private Initiative im Bereich der Kunst eine neue Bedeutung erlangt und ist dabei in das Konfliktfeld sehr gegensätzlicher Interessen geraten. Einerseits wird von der privaten Initiative mehr oder weniger selbstverständlich erwartet, für die öffentliche Hand einzuspringen. Andererseits werden die privaten Sammler heftig angegriffen, weil sie den staatlichen Trägern beim Rückzug aus der Verantwortung helfen. Diese doppeldeutige Situation ist noch schwieriger zu entschlüsseln, wenn die privaten Akteure das höhere Ansehen und die Anerkennung für ihre Hilfe eigennützig einstreichen, während sie tatsächlich nur kurzsichtig ausgleichen, was im öffentlichen Bereich an Mitteln für Kunst langfristig gestrichen wird. Im Hintergrund dieser Debatte wirken natürlich immer noch die alten Formeln der Kritik, der Vorwurf beispielsweise, Sammler degradieren mit ihren eitlen Wünschen die Kunst zu einem Produkt auf dem Markt oder missbrauchen ihre Erwerbungen zur Selbstdarstellung. Mag dies in einigen Fällen durchaus zutreffen, so verdankt doch vor allem die jüngere zeitgenössische Kunst privaten Sammlern sehr viel. Neben der Spekulation mit gesicherten Werten wurde eine Reihe ganz ungewöhnlicher Projekte gefördert, die keineswegs dem Trend der Nachfrage auf dem Markt entsprachen oder die so viel Aufwand und finanzielles Engagement verlangten, dass öffentliche Institutionen nicht bereit oder fähig waren, die notwendigen Mittel aufzubringen. Dasselbe gilt für die inhaltliche Seite: viele Projekte, die aufgrund ihres konzeptuellen oder immateriellen Charakters die Vorstellungskraft der Verantwortlichen in den öffentlichen Institutionen überforderten, konnten nur durch private Unterstützung verwirklicht werden. Nicht die öffentliche Hand, sondern unabhängige Sammler sind den Künstlern ungewöhnlich bereitwillig in Grenzbereiche gefolgt, haben hier extrem individuelle und ungesicherte Visionen akzeptiert, haben sich von Plänen und Vorschlägen überzeugen lassen, auf die niemand anderer sich eingelassen hätte.
Die private Förderung der zeitgenössischen Kunst ist also weitaus widersprüchlicher und vielfältiger, als die Kritik es wahrhaben will. Und da private Sammler sehr vieles ermöglichen, ohne sich damit in der Öffentlichkeit zu zeigen, ist auf diesem Gebiet auch einiges zu entdecken. Der Theseustempel soll zu einem Ort werden, an dem diese Aktivität in zweifacher Weise exponiert wird: durch eine Reihe von Ausstellungen ungewöhnlicher Werke, die wir privaten Sammlungen verdanken, und durch eine kuratorische Zuspitzung, die die Aufmerksamkeit auf das fruchtbare Verhältnis lenkt, das zwischen künstlerischer Vision und Engagement der Sammler besteht. Da der Tempel die Aktivitäten und Möglichkeiten privater Förderung in besonderer Weise sichtbar machen kann, sollen die angesprochenen Sammler ihr Engagement dort in erster Linie beweisen: sie werden also als Förderer gefragt, die es zugleich verstehen, hinter das Anliegen der Kunst zurückzutreten.Schon vor den großen Spannungen der Weltwirtschaftskrise, die seit 3 Jahren in die zeitgenössische Kunstwelt ausstrahlen, haben sich im Ausstellungswesen neue Tendenzen bemerkbar gemacht, in öffentlichen Institutionen ebenso wie in kommerziellen Einrichtungen. Was bislang in diesem Bereich selbstverständlich war – die Ausstattung einer Galerie, die Hängung an der Wand, die Stimmung im Raum, die Abgrenzung zur Vergangenheit – all das wurde allmählich in Zweifel gezogen. Anzeichen für diese Veränderung gibt es zu Genüge. Nehmen wir nur die Ausstellungen, die im Palazzo Fortuny in Venedig während der Biennalen seit 2007 zu sehen waren und 2011 mit dem Projekt Edge of Becoming fortgesetzt werden: Kooperationen zwischen einem privaten Sammler und einer öffentlichen Institution oder ein Nebeneinander von kommerziellen und musealen Interessen. Diese Projekte haben nicht nur die übliche Stimmung im Ausstellungsraum – die museale ebenso wie die kommerzielle Wirkung (des White Cubes) – verändert; sie regen auch an, die Trennung zwischen alter und aktueller Kunst zu überwinden. Für das KHM wären in diesem Zusammenhang wohl die Räume und Bestände der Kunstkammer von besonderem Interesse. Zur Kunstkammer steht der Theseustempel zwar im scharfen Kontrast, nicht aber das Programm, das vom CAC für den Tempel verwirklicht wird. Im Gegenteil, die Aktivitäten, die hier gemeinsam mit privaten Sammlungen entstehen, die Erfahrungen, die dabei mit Künstlerinnen und Künstlern gemacht werden, ließen sich sicherlich auch für einen innovativen Umgang mit Kunstkammer verwerten – denn nur die subtile Abstimmung der Anforderungen zeitgenössischer Werke und Interventionen mit denen der älteren Kunst kann ein solches Vorhaben zum Erfolg führen.
Der CAC hat in der eigenen Zusammensetzung darauf geachtet, dass die notwendigen Voraussetzungen für eine Praxis mit international bedeutenden Künstlern und Sammlern gegeben sind. Seine Aktivität wird getragen von:
Roberto Ohrt, ein unabhängiger Kurator, der das internationale Geschehen kennt (Ausstellungen im Centre Georges Pompidou, ZKM Karlsruhe oder MdM Salzburg) und Standardwerke zur Geschichte der Moderne geschrieben hat
Wilfried Kühn, ein Architekt, der viele Institutionen der aktuellen Kunst für eine bessere Nutzung umgestaltet hat (documenta 11, Friedrich Christian Flick Collection, Julia Stoschek Collection)
Alexander Schröder, ein Galerist und Sammler, der in Berlin – heute das weltweit bedeutendste Zentrum zeitgenössischer Kunst – ansässig ist, in der Stadt an vielen international beachteten Projekten beteiligt war (Schinkel Pavillon, INIT Kunsthalle, Galleryweekend, abc)
Gabriele Senn, eine Galeristin und Sammlerin, Vorsitz Die Galerien Wien, Betreuung privater Sammlungen, Gründungsmitglied der Viennafair, sowie des Vienna Gallery Weekends.
CAC Contemporary Art Club
Windmühlgasse 30/9
1060 Wien
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